Franz West und der Hauch von Kunst

Franz West und der Hauch von Kunst
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Anonim

Der Wiener Künstler Franz West ist im Juli 2012 verstorben und hat die österreichische Kunstszene nachhaltig geprägt. Der Künstler ist weltbekannt für seine "berührbaren" Skulpturen und Installationen. Michèle Kieffer beschreibt, wie der Sinn für Humor des Künstlers und seine Leidenschaft für monumentale biomorphe Formen die Beziehung zwischen seiner Kunst und dem Betrachter verändert haben.

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Franz West begann 1970 aktiv als Künstler zu arbeiten, als die Wiener Actionismus-Bewegung die österreichische Gesellschaft schockierte. Er distanzierte sich von den Auftritten der Actionisten - definiert durch Gewalt, Nacktheit oder Sexualität - aber nicht von dem Wunsch zu provozieren. West wollte Tabus brechen, aber diese Tabus lagen in der Kunstwelt selbst, einer Welt, die von Gesellschaft und Tradition diktiert wird. Obwohl die frühen Werke des Künstlers aus Collagen und Gemälden bestehen, ist West am bekanntesten für seine „berührbaren“ Skulpturen und Installationen - die Höhepunkte seiner 40-jährigen Karriere.

West analysiert anhand seiner Skulpturen die Natur der Kunst, ihre Darstellung und die Beziehung des Betrachters dazu. Der Künstler erfindet nicht neu; er identifiziert und spielt einfach mit vorhandenen Merkmalen der Kunstwelt. Indem er die Regel überwindet, die Kunst nicht zu berühren, verändert er die Dynamik von Museen und Galerien. Infolgedessen werden traditionelle Grenzen hinfällig. Der Betrachter soll kein stiller Beobachter mehr sein, er wird zu einer aktiven Komponente. Das Publikum setzt sich aktiv mit der Kunst auseinander und ihre Reaktion wird zum Kernstück der Skulpturen von West.

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In den frühen siebziger Jahren schuf Franz West seine ersten Passstücke. Diese tragbaren Skulpturen aus Pappmaché, Pappe, Draht, Gaze und weißer Farbe können alle Arten von Formen annehmen. Sie sollen vom Betrachter getragen werden, dessen Beteiligung die Stücke nicht nur vervollständigt, sondern laut West in Kunst verwandelt. Durch die Platzierung von Spiegeln und manchmal privaten Spiegelkabinen in seinen Ausstellungen gibt der Künstler dem Betrachter die Möglichkeit, sich selbst mit den Skulpturen zu interagieren. Im Laufe der Jahre haben die Dimensionen der Skulpturen von Franz West allmählich zugenommen. Von tragbaren Stücken bis hin zu monumentalen Installationen im Freien wie The Ego and the Id (2008) ist West den prall gefüllten biomorphen Formen in leuchtenden Farben treu geblieben, die den Betrachter zum Klettern oder Sitzen einladen. Mit einem lebendigen Sinn für Humor und einer Schwäche für Ironie kombiniert Franz West seine ungeschickten prothetischen Skulpturen mit philosophischen oder politischen Seitenwischern durch die Titel oder ihre geografische Lage. Ein perfektes Beispiel wäre Les Pommes d'Adam aus dem Jahr 2007, eine temporäre Installation von vier rosa Phallusskulpturen an der Vendôme in Paris neben der Vendôme-Säule von Napoleon Bonaparte, die zum Gedenken an seinen Sieg in der Schlacht von Austerlitz errichtet wurde.

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Erst in den 1980er Jahren schuf West Möbel wie Sofas, Stühle und Betten und baute sie in seine Ausstellungen ein. Diese Sitzordnungen machten immer deutlicher, dass das Sitzen oder Liegen ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit von West ist. Die Skulpturen erleichtern nicht nur die soziale Interaktion, sondern regen den Betrachter auch dazu an, ihre Greifbarkeit zu erfahren, indem sie den physischen Kontakt mit ihnen verlängern. West erklärte 2007: "Es spielt keine Rolle, wie die Kunst aussieht, sondern wie sie verwendet wird." (Interview mit Roxana Marcoci für die Ausstellung Comic Abstraction des MoMA). Dank ihrer Nützlichkeit werden die Skulpturen und Möbel Teil des Lebens des Betrachters und verbinden Kunst und Design.

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Als Franz West im Juli 2012 in Wien, der Stadt, in der er lebte und arbeitete, starb, wurde er als einer der einflussreichsten Bildhauer Österreichs in der internationalen Kunstszene anerkannt. Franz West, der unter anderem von der renommierten Gagosian Gallery vertreten wird, hatte 2010 zwei große Retrospektiven im Museum Ludwig in Köln und 2011 im Baltimore Museum of Art. Außerdem wurde er 2011 auf der Biennale di Venezia für sein Leben mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet Leistung.

Von Michèle Kieffer

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